1. Ausgangslage
Die geplante Teilrevision des Steuergesetzes umfasst unter anderem:
- Entlastung tiefer Einkommen durch Erhöhung des Abzugs und Glättung der Tarifstufen (zwei Varianten: 190 Mio. oder 130 Mio. CHF).
- Abschaffung der "Heiratsstrafe" durch Verdoppelung der Vermögenssteuerfreigrenze für Ehepaare, jedoch mit gleichzeitiger Streichung des Sozialabzugs von 18'000 CHF.
- Anpassungen für Gemeindeunternehmen: Steuerbefreiung nur bei Verzicht auf Gewinnausschüttungen.
- Umsetzung von Bundesrecht: Besteuerung von Leibrenten und Telearbeit (Homeoffice) für Grenzgängerinnen und Grenzgänger.
- Nicht weiterverfolgte Anliegen: Keine Erhöhung des Versicherungsabzugs und kein Wechsel zur automatischen Korrektur der "warmen Progression".
2. Grundsätzliche Haltung
Die FDP.Die Liberalen Kanton Bern fordert eine klarere und ambitioniertere Steuerstrategie, die den Standort Kanton Bern nachhaltig stärkt. Die Vorlage weist aus unserer Sicht folgende Schwächen auf:
a) Fehlende Standortattraktivität
Der Kanton Bern bleibt sowohl bei natürlichen als auch bei juristischen Personen im interkantonalen Vergleich zurück. Die geplanten Anpassungen reichen nicht aus, um das angestrebte Mittelfeld zu erreichen. Es ist entscheidend, dass der Kanton Bern gezielte Massnahmen ergreift, um die Steuerbelastung in allen Einkommens- und Vermögensklassen zu senken.
b) Progressionsglättung und politische Balance
Die Entlastung niedriger Einkommen darf nicht isoliert erfolgen. Eine einseitige Glättung der Progression ist politisch unausgewogen und setzt Mittel ineffizient ein. Gleichzeitig müssen Steueranreize für Leistungsträger geschaffen werden. Vorschlag: Eine Reduktion der Besteuerung von Vorsorgekapitalien, Anpassungen des Gewinnsteuertarifs in der obersten Stufe oder allgemeine Einkommenssteuertarifanpassungen.
c) Verantwortung der Gemeinden
Gemeinden, insbesondere städtische, haben von der Erhöhung der amtlichen Werte (2020) profitiert, ohne ihre Liegenschaftssteuersätze anzupassen. Es braucht ein gemeinsames Engagement von Kanton und Gemeinden, um die Standortattraktivität zu erhöhen.
3. Forderungen
1. Umfassendere Steuerstrategie:
- Klar definierte Ziele für natürliche und juristische Personen, die den Standort Bern im interkantonalen Vergleich nachhaltig stärken.
- Senkungen der kantonaler Steueranlage und Tarifanpassungen, die alle Bevölkerungsschichten einbeziehen, verbunden mit einer stärkeren Entlastung in der dritten Tarifstufe.
2. Politische Ausgewogenheit:
- Die Progressionsglättung muss mit Gegenmassnahmen flankiert werden, etwa einer Reduktion der Vorsorgekapitalbesteuerung oder der Anpassung der Gewinnsteuern.
3. Einbindung der Gemeinden:
- Gemeinden, die durch die Erhöhung der amtlichen Werte Mehreinnahmen erzielt haben, sollen zu einem attraktiveren Steuerklima beitragen, etwa durch Anpassung der Liegenschaftssteuersätze.
4. Abschaffung der "Siegelungsprotokolle":
- Nutzung der Gelegenheit, das Verfahren der Siegelungsprotokolle vollständig aufzuheben, wie es bereits in anderen Kantonen umgesetzt wurde. Uns ist kaum ein Kanton bekannt, welche im Steuergesetz einen Bezug auf das Siegelungsprotokoll hat. Das Steuerinventar kann ohne Siegelungsprotokoll erstellt werden.
5. Keine isolierten Änderungen:
- Steuerpolitische Anpassungen dürfen nicht isoliert erfolgen. Sie müssen in einen umfassenden sozial- und wirtschaftspolitischen Kontext gestellt werden, der auch Transferleistungen wie Prämienverbilligungen, Betreuungsgutscheine und Sozialhilfen berücksichtigt.
4. Stellungnahmen zu ausgewählten Artikeln
- Art. 40 und Art. 42 (Einkommensteuer): Die geplanten Änderungen lehnen wir ab. Stattdessen fordern wir eine allgemeine und umfassende Tarifanpassung.
- Art. 65 (Freigrenze Vermögenssteuer): Die Verdoppelung der Freigrenze für Ehepaare unterstützen wir ausdrücklich.
- Art. 66 (Höchstbelastung): Die Einführung einer "Vermögenssteuerbremse" wird unterstützt. Eine Ergänzung zur Berücksichtigung des Eigenmietwerts ist notwendig.
- Art. 83 (Gemeindeunternehmen): Die neue Regelung begrüssen wir, fordern jedoch eine strengere Kontrolle von Spezialfinanzierungen.
- Art. 142 (Grundstückgewinnsteuer): Der Abzug des gesamten Planungsmehrwerts zur Vermeidung von Doppelbesteuerung muss klargestellt werden.
5. Fazit
Die FDP.Die Liberalen Kanton Bern fordert eine Überarbeitung der Steuergesetzrevision, die den Fokus stärker auf die Standortattraktivität und eine ausgewogene Steuerpolitik legt. Die jetzige Vorlage bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück und verfehlt das Ziel, den Kanton Bern wettbewerbsfähiger